Projektentwicklung und Projektmanagement in der Stadtplanung

Qualifizierte Nahversorgung

Abgeschlossenes Projekt in der Forschungslinie "Urbane Zentren"



Verantwortliche Mitarbeiter



Forschungspartner

 

Laufzeit

  • 2012 - 2013



 

Beschreibung

Die Versorgung mit Lebensmitteln ist allein aufgrund der Besuchsfrequenz nach wie vor ein die Stadtstruktur prägender und potentiell Urbanität generierender Faktor. Das Forschungsprojekt liefert Erkenntnisse zur Qualität der Versorgung mit Lebensmitteln. Die Studie zur qualifizierten Nahversorgung hat untersucht, welchen Einfluss die unterschiedlichen Betriebsformen, die Größe der Betriebe und die verschiedenen Standortlagen auf die Attraktivität und die Bedeutung als Nahversorgungsstandort haben.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde unter anderem das Einkaufsverhalten mit Gütern des täglichen Bedarfs, d. h. vor allem mit Lebensmitteln, näher betrachtet. Zu den Fragestellungen gehörte u. a., ob sich die Einzugsbereiche der verschiedenen Angebotsformen im Lebensmitteleinzelhandel (Discounter vs. Supermarkt) und die Ansprüche der jeweiligen Kunden voneinander unterscheiden, ob es signifikante Unterschiede bei der Standortwahl sowie in der Projektentwicklung der einzelnen Betriebstypen gibt und wie unter anderem die Kommunen mit den Standortanfragen der Betreiber/Investoren umgehen.

Das Forschungsvorhaben liefert einerseits Erkenntnisse zur Qualität der Versorgung, andererseits macht es vor dem Hintergrund der baurechtlichen Vorgaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO auf Probleme innerhalb der Genehmigungspraxis bzw. bei der Aufrechterhaltung und/oder Entwicklung von Versorgungsstandorten aufmerksam.



Ergebnisse

Die wesentlichen Ergebnisse der Studie lassen sich im Einzelnen wie folgt zusammenfassen:

- Das Nachfrageverhalten wird beim Lebensmittelkauf vor allem durch das Angebot bestimmt. D. h. der Kunde hat zwar gewisse (subjektive) Vorlieben bei der Wahl des Einkaufsortes und wählt bewusst zwischen den Anbietern aus, in der Summe werden diese persönlichen Vorlieben aber weitestgehend nivelliert: Sind in einer Region überdurchschnittlich viele Supermärkte (oder Lebensmitteldiscounter) angesiedelt, kaufen dort auch überdurchschnittlich viele Kunden ein - auch wenn die Discount-Formate eine überdurchschnittliche Anziehungskraft besitzen.

- Als wichtigste Einkaufsgründe für den Lebensmitteleinkauf werden von den Kunden vor allem Nähe, große Auswahl, günstige Preise und Qualität genannt. Andere qualitative Aspekte wie Übersichtlichkeit der Läden, Service, Kommunikation oder Einkaufsatmosphäre besitzen (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt) eine deutlich geringere Bedeutung.

- Die in § 11 Abs. 3 BauNVO formulierte Vermutungsgrenze zur Großflächigkeit bei 1.200 m² Geschossfläche bzw. 800 m² Verkaufsfläche, ab der Auswirkungen u. a. auf den Verkehr, auf die Nahversorgung der Bevölkerung und auf die Zentren vermutet werden, konnte für den Lebensmittelbereich nicht belegt werden. Allerdings ist auch kein anderer Grenzwert festzustellen, ab der sich der Einzugsbereich (und somit mögliche Auswirkungen) signifikant erweitert.

- Dieser Argumentation folgend unterscheiden sich auch groß- und kleinflächige Discounter (+/- 800 m²) hinsichtlich Verkehrsaufkommen und Einzugsgebiet nicht grundlegend voneinander. Lebensmitteldiscounter sind (unabhängig von der Größe) bzgl. Verkehr (Modal Split) und Einzugsbereichen (Ausgaben- und Umsatzanteile) mit mittelgroßen Supermärkten (bei einer durchschnittlichen Verkaufsfläche von rd. 1.200 m²) vergleichbar.

- Diese Betriebsformeneffekte werden allerdings deutlich durch die Siedlungsstruktur (Stadtgrößen) und die Lage der Märkte überprägt.

- Auswirkungen von sog. zentrenrelevanten Randsortimenten in Lebensmittelmärkten auf die Zentren konnten in der Einzelbetrachtung der Standorte nicht nachgewiesen werden, Summeneffekte sind jedoch nicht auszuschließen bzw. wahrscheinlich.

- Mittelgroße Supermärkte mit durchschnittlich rd. 1.200 m² Verkaufsfläche sind im Vergleich zu Discountern – trotz vergleichbarer Einzugsbereiche und durchschnittlicher Umsätze pro Markt – aufgrund der vielfach starren Interpretation der 800 m²-Schwelle in ihrer Standortwahl eingeschränkt (Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 BauNVO muss erst widerlegt werden).

- Im Rahmen der Studie konnte aber auch bestätigt werden, dass es die Städte und Gemeinden mit ihrer kommunalen Planungshoheit letzten Endes selbst in der Hand haben, die Versorgungsstruktur zu bestimmen. Sie können städtebaulich unerwünschte Standorte und Formate verhindern oder zumindest erheblich erschweren und die angestrebte Versorgungsstruktur als Angebotsplanung bekräftigen. Der Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel wird somit also (auch) in der Kommunalpolitik entschieden.

Die detaillierten Ergebnisse der Studie finden Sie hier:

Endbericht zur Qualifizierten Nahversorgung

Kurzfassung des Endberichts