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BMWi-Forschungsprojekt an der HafenCity Universität Hamburg adressiert innovativen Leitungsbau für Fernwärmenetze

Der Fernwärmeausbau spielt eine entscheidende Rolle in der Energie- und Wärmewende und damit für das Erreichen der klimapolitischen Ziele. Doch die Kosten für den Rohrleitungsbau sind hoch. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der HafenCity Universität Hamburg (HCU) untersuchen in einem auf drei Jahre angelegten Forschungsvorhaben, wie der Einsatz von zeitweise fließfähigen, selbstverdichtenden Verfüllbaustoffen (ZFSV) in Kombination mit innovativen Leitungssystemen die Kosten senken kann. Dabei soll ein praxistaugliches Rechenmodell zur Berechnung zukunftsfähiger Wärmesysteme entstehen.

 Tiefbauarbeiten Rohrleitungsbau

Bild: Sebastian Grimm, AGFW

Das Forschungsprojekt „Fernwärmeleitungsbau 4.0 mit zeitweise fließfähigen selbstverdichtenden Verfüllbaustoffen für niedrige und hohe Betriebstemperaturen“ unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Ingo Weidlich wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des siebten Energieforschungsprogramms gefördert. Für das im Bereich Technisches Infrastrukturmanagement im Bauingenieurwesen angesiedelte Forschungsprojekt erhält die HCU Fördermittel in Höhe von 407.555 Euro. Weitere Partner des Verbundprojektes sind der AGFW, die GEF Ingenieur AG und die Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg.

Der Einsatz von ZFSV im konventionellen Rohrleitungsbau hat viele Vorteile. Hierzu gehören eine schnelle Verlegung, eine homogene Bettung und der Wegfall der Verdichtungsarbeit. Das belegen bisherige Forschungsprojekte. In der Tiefbau-Praxis liegen ZFSV daher vielerorts im Trend. Im Fernwärmeleitungsbau schlagen sich diese Erkenntnisse hingegen kaum nieder, da noch zu wenig Langzeiterfahrungen mit ZFSV vorliegen und verlässliche Bemessungsparameter für eine gesicherte Statik in diesem Bereich fehlen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Verbundprojekts haben nun die einmalige Gelegenheit, real belastete und gealterte Proben aus einer umfassend untersuchten und dokumentierten Forschungsmessstrecke im Frankfurter Europaviertel zu entnehmen: „So erfahren wir mehr über das spezifische Verhalten und die Belastungsgrenzen des Materials über längere Zeiträume hinweg und können Wissenslücken schließen“, sagt Weidlich.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nicht nur den konventionellen Rohrleitungsbau im Blick: Die verstärkte Einbindung erneuerbarer Energiequellen in Fernwärmenetze geht mit betrieblichen Veränderungen, beispielsweise der Absenkung der Betriebstemperatur, einher. Das wiederum ermöglicht den Einsatz innovativer Leitungssysteme wie Doppel- oder flexible Rohrleitungen. „Die technischen und ökonomischen Aspekte einer Kombination dieser Techniken mit ZFSV wurden bisher nicht wissenschaftlich untersucht. Wir erwarten große Einsparpotenziale, die es auch im Leitungsbau möglich machen, den Anforderungen der Kreislaufwirtschaft gerecht zu werden“, so Weidlich. Gemeinsam mit seinem Team will er auch zu einem solch kombinierten Einsatz datenbasierte Erkenntnisse liefern: „Es gibt eine Vielzahl innovativer Techniken im Leitungsbau, die eine kostengünstige und zugleich effiziente und ökologische Wärmeversorgung ermöglichen. Mit unserem Forschungsvorhaben möchten wir mittelfristig dazu beitragen, diese Techniken stärker in der Praxis zu etablieren“, erklärt Weidlich.

Weiterführende wissenschaftliche Publikationen:

Weidlich, I. (2020) "Zum Einsatz von ZFSV im Fernwärmeleitungsbau." Bautechnik.
doi.org/10.1002/bate.202000039

Doyle, L.; Weidlich, I., (2020) "Effects of Thermal and Mechanical Cyclic Loads on Polyurethane Pre-Insulated Pipes." Fatigue & Fracture of Engineering Materials & Structures 2020
doi.org/10.1111/ffe.13347